„Laufbericht“ aus Sicht des Orga-Chefs

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Gekuschelt wird woanders!

…..
Doch dann geschah etwas, was der Trail nicht beabsichtigt hatte,
er wurde von dem unwahrscheinlichsten Geschöpf gefunden,
dass man sich vorstellen kann.
Von einem Schinder!
Schinder-Alex aus dem Nassauer Land.

 

Ein Laufbericht von der „Gegenseite“

 

Wie schreibt man einen Laufbericht als Organisator? Und es begab sich… Ne das war was anderes. Am besten einfach mal die Finger tippen lassen, versuchen das eitle Eigenlob zu unterlassen und schauen was rauskommt.

 

Am 26.01. war er endlich da. Der Samstag an dem der „Schinder-Trail Winterparadies“ starten sollte. Ausgeschrieben für 50 Teilnehmer war der Lauf innerhalb von 4 Wochen, Anfang September, ausgebucht. Kurze Beratung mit dem TuS Holzhasuen, die Location vom Vereinsheim in die große Turnhalle verlegt und zack, war wieder Platz für weitere 100 Läufer. Anfang November waren die dann auch weg und ich stand da mit einer Teilnehmerliste von 150 Läufern und einer täglich wachsenden Warteliste. Das Winterparadies war und ist ausgeschrieben als Lauf für erfahrene Trailläufer die auch wissen wie mit einer GPX Datei umzugehen ist. Keine Wegmarkierungen wie Flatterband oder Sprühpfeile hatte ich versprochen (und mich fast dran gehalten ?).

Eigentlich eine simple Geschichte einen Lauf zu organisieren für dessen Wegfindung der Läufer selbst verantwortlich ist. Kaum Aufwand. Nur, was macht man mit der vielen gewonnen Freizeit. Nun, man organisiert einen Lauf für dessen Spaßfaktor ich verantwortlich bin. Und Spaß zu organisieren und zu garantieren kann mehr Arbeit sein, als tagelang Flatterband in den Wald zu hängen.

Aber ich mache es gerne, viel zu gerne, viel zu genau, viel zu penibel, viel zu akkurat, viel zu gewissenhaft. Von allem viel zu viel. Und heraus sollte kommen: “0% Kommerz – 100% Herzblut“ Ob mir das gelungen ist, sollen andere entscheiden.

Warum? Weil ich gerne organisiere. Weil ich gerne Trail laufe. Weil ich mein Nassauer Land so gern hab, den Tourismus ebendieses fördern und sozialgesellschaftlichen Projekten helfen kann. Weil ich gerne Läufer leiden/lachen lasse und weil ich „mein Baby“, den Schinder-Trail, natürlich gerne wachsen und gedeihen sehen möchte und ihn zu einer festen Größe im deutschen Ultratrailkalender machen will (und werde!)

 

Die Details (manche sagen es wären kleine liebevolle gewesen) müssen nicht alle hier aufgezählt werden. Meistens entstehen solche verrückten Ideen bei einsamen Trainingsläufen in meinen Wäldern und die verrücktesten davon kommen in die engere Auswahl, um weitergesponnen zu werden. So ein gemütlicher 40km Lauf ist meistens ein 4 Std. langes Brainstorming.

Die Ausarbeitung und Planung von so einem kleinen Event wurde eigentlich nebenbei erledigt, da zurzeit das Hauptaugenmerk auf dem „Schinder-Trail Grauer Kopf“ steht. Unser erster „behördlich genehmigter“ Lauf am 20.07. DAS ist wirklich Arbeit! Aber auch das läuft recht geschmeidig, zumindest jetzt noch.

Jedenfalls standen urplötzlich, wie aus dem Nichts, 127 bunte Ultraläufer Samstag morgens in der Holzhäuser Turnhalle und scharrten mit den Hufen. Die 48 Std. zuvor waren bei der Herrichtung der Turnhalle sehr entspannt. Die Jungs und Mädels vom TuS feiern ja gerne und haben die Halle entsprechend schnell vom Bodenturn- in den Party-Modus versetzt. Da sitzt jeder Handgriff, Tiptop! Aber die Wetterberichte brachten schon sehr sehr viel Stress mit sich, wegen dem vorausgesagten Eisregen, der auch nachts dann wirklich eintraf. Alle Läufer unterschrieben zwar einen Haftungsausschluss, damit ich als Veranstalter abgesichert bin, aber trotzdem fühle ich mich in der Pflicht die Läufer gesund an und über die Strecke zu bringen. Die dürfen gerne alle weinen und oben am Grauen Kopf ein psychisches Wrack sein, aber die Knochen müssen heil bleiben.

Aber freitags trat früher als geplant das Tauwetter ein, so dass sich das Glatteis in Grenzen hielt und alle Läufer eine gute Anfahrt hatten. Für die Läufer war es dennoch ein Lauf ins Ungewisse, denn niemand wusste wie sich die Trails und Wege in den tiefen Tälern laufen ließen, aber alle Sorgen waren unbegründet. Spikes mitzunehmen war eine gute Wahl wenn auch nicht erforderlich wie sich später dann rausstellte. Trocken blieb es auch noch den ganzen Tag. Alles in allem ein „fast“ perfektes Läuferwetter wie ich meine. Aber ob es das wirklich war sollen andere entscheiden.

 

Nach dem Startschuss in der Turnhalle und einem Konfettiregen liefen die Läufer aus der Halle in die weite kalte Welt hinein, Stock und Hut standen ihnen gut, und sie waren frohgemut. Meine Hallen-Crew (Die beste der Welt!) konnte sich direkt an den Umbau machen um den Läufern nach unendlicher Schinderei in den Wäldern einen kleinen Überraschungs-Zieleinlauf zu bieten. Ob uns das gelungen ist, sollen andere entscheiden.

Mit dem Schinder-Mobil machte ich mich dann auf den Weg nach Miehlen wo wir den Läufern eine weitere Überraschung boten. 80 Grundschüler, Eltern und Lehrer standen an der Schule, direkt an der Laufstrecke, warteten auf die Läuferschar und dann ging die große Abklatscherei los. Für unsere Grundschüler, die jedem Läufer extra ein handgeschriebenes Gedicht bei der Startnummernausgabe mitgaben,  war dies etwas ganz Neues und aufregendes, und für jeden Läufer ist das immer ein ganz großartiges Erlebnis was es bei uns leider viel zu selten gibt. Während meiner Läufe in China durfte ich diese Art des Kinder-Cheerings kennenlernen, wenn ganze Schulen an der Strecke stehen, und nun brachte ich dieses emotionale Highlight, bei dem ich immer Gänsehaut bekam, an den Schinder-Trail. Das Strahlen in den Gesichtern der Läufer war jedenfalls mindestens genauso groß wie bei der späteren Zielankunft, und ich denke ich hatte damit den richtigen Nerv getroffen. Aber ob das wirklich so war, sollen andere entscheiden.

 

Ich fuhr dann die nächsten Stunden viele viele Kilometer und versuchte überall gleichzeitig zu sein. Es ging zum VP1 auf die Burg Nassau, zurück ans Ziel, ans Kloster Arnstein, wieder VP1, wieder Ziel, VP2 und wieder zurück. Auch wenn ich die beste Crew der Welt habe lasse ich es mir nicht nehmen nach dem Rechten zu sehen, der VP-Crew bei Problemen zu helfen und zu beraten und natürlich möchte immer wieder und so oft als möglich mit den Läufern sprechen. Die VP-Crews kann man, wie auch die Start/Ziel-Crew die sich um Zeitmessung, Garderobe, Catering, Umbau der Halle u.v.m., laufen und arbeiten lassen, die haben einen Superjob gemacht und ich habe wohl als Instruktor und Berater nicht alles falsch gemacht. Die Springer waren immer auf zack und fuhren einige Kilometer runter, um am VP was zu richten, Verpflegung von einem zum anderen VP zu verschieben, Läufer abzuholen (nur 2!), usw. Ich bin jedenfalls stolz so eine tolle Mannschaft zu haben. Ob ich das wirklich sein darf, sollen andere entscheiden.,

Nachdem ich die Durchlaufzeiten vom späteren Sieger bekommen hatte war klar wann mit ihm zu rechnen sein würde und dass Tobias Hegmann auch eine neue Schinder-Trail Bestzeit aufstellen würde (Sommer- und Winterrichtung werden aber getrennt gelistet da die Läufe zu unterschiedlich sind). Um 14:23 Uhr war es soweit und Tobias lief in die Frankfurter Festhalle, Holzhäuser Turnhalle ein. Die nächsten Stunden sah ich dann kein Tageslicht mehr, da ich von nun an ALLE Läufer persönlich im Ziel begrüßte, die Hände schüttelte und umarmte. Siegerehrung und Versteigerung der hölzernen Wildsau zugunsten der Grundschule Miehlen musste auch noch zwischendurch organisiert werden. Öfters machte ich mir Gedanken ob ich all das auch noch zukünftig persönlich machen könnte, wenn im Sommer mit über 600 Ultratrailläufern zu rechnen ist. Aber genau so etwas ist es, was den Schinder-Trail ausmacht und deshalb werde ich auch im Sommer dann eben 666 mal die Hände schütteln und Medaillen umhängen und Sieger ehren.  Es ist für mich und auch für die Läufer etwas Besonderes. Aber ob es das wirklich ist, sollen andere entscheiden.

Im Zielbereich erwarteten die Läufer 2 nette kleine Überraschungen. Draußen vor der Halle liefen die Läufer auf den letzten Metern an einer Sau am Spieß vorbei, die sich für des Läufers Zielverpflegung opferte. Anschließend, in der Halle, ging es für die Läufer über einen roten Teppich wie beim Frankfurt Marathon Richtung Ziellinie. Viele Läufer waren im Eingangsbereich leicht desorientiert durch die völlig umgebaute Halle und trauten ihren Augen nicht. Dann aber, nach kurzem Staunen bekamen alle Läufer das fetteste Grinsen ins Gesicht, das ich jemals sah, und die letzten Meter wurden zum perfekten Siegerlauf für jeden Athlet. Genauso wie ich es haben wollte und wie ich es mir schon seit Monaten ausgemalt hatte. 66,6km Schinderei, Quälerei, Plackerei, Mühsal. Und dann 20 Meter in der Halle, für die sich alles gelohnt hat. Ob das gut war braucht kein anderer zu entscheiden. Das war gut, das weis ich und das sah ich in den Gesichtern der Läufer.

Die Zeit verging und es plötzlich war es 20:00 Uhr. Es fehlten noch 2 Handvoll Läufer. Und dann trifft man zum ersten Mal Entscheidungen, die unpopulär und unattraktiv sind, die aber getroffen werden müssen. Die Abschaltung der Zeiterfassung stand an, denn es war ja schließlich 20:00 Uhr und die 12 std. Cut-Off griffen. Cut-Off-Verlängerung war ja auch keine Option da kein Blitzeis am Morgen eintraf, alle Läufer rechtzeitig an der Startlinie standen und auch extrem viele neue Bestzeiten gelaufen wurden, sowohl von den Topathleten als auch von den Genussläufern. „Na komm, lass noch mal zwei drei Minuten laufen. Vielleicht kommt noch jemand, dann rutschen die noch mit rein“. Und es kamen noch welche. Kurz nach 20:00 Uhr traf nochmal ne Gruppe ein. Große Erleichterung und Freudentränen bei den Ankommenden als sie erfuhren, es noch in die Wertung geschafft zu haben. Komm, lass mal weiter warten, paar Minuten gehen ja noch. Aber dann irgendwann gegen 20:15 traf ich die Entscheidung die Maschinen abzustellen. Nicht nur in Krankenhäusern extrem unpopulär, und die Enttäuschung der letzten Läufer die es nicht mehr in Wertung schafften war groß. Aber wo fängt man an, wo hört man auf in so einer Situation? Lässt man offen bis 21:00 Uhr, kommt jemand um 21:05. Lässt man offen bis 22:00 Uhr, usw. Irgendwann heißt es, beim Schinder kann man es locker angehen lassen, der lässt jeden noch ins Ziel. Nein! Dies zu entscheiden, will und braucht sich aber auch kein anderer anzutun. Das sind die ganz wenigen Momente, in denen man als „Race Director“ ganz alleine ist.

Gegen 22:00 Uhr war dann aber so ziemlich der Akku leer und ich machte mich auf den Weg nachhause. Trotzdem ließ ich es mir nicht nehmen noch die Laufergebnisse an die DUV und an die ITRA zu melden bevor der Schinder-Trail Winterparadies 2019 organisatorisch ad acta gelegt werden konnte.

Sonntags dann Facebook. Ich hatte ja Resonanz erwartet, aber mein Facebook drehte Salto und stand nicht mehr still. Unfassbar was ich da anscheinend losgetreten hatte. Dann wurden nachmittags immer mehr Stimmen lauter, die nach einer Wiederholung im nächsten Jahr fragten.

Hmm, mal überlegen. Was für ein Unterschied macht es ob ich die Anmeldung erst im August oder schon jetzt im Januar öffne. Eigentlich keinen. Also schnell bei RaceResult das neue Event erstellt und seit gestern Abend ist nun „Schinder-Trail Winterparadies 2020“ offen. Gibt es sowas sonstwo? Keine Ahnung, aber egal. Und heute, 24 std. nach Eröffnung der Anmeldung sind bereits 40 Anmeldungen eingegangen. Für einen Lauf der in EINEM JAHR stattfindet. Ob ich heuer das ein oder andere richtig gemacht habe, das brauchen nicht mehr andere zu entscheiden, das weis ich nun auch selbst. ?

 

Du hast es so gewollt!

 

**** Bilder (ehrlich aus den FB Profilen der Läufer geliehen) von der Strecke , von der Natur und Tortur sind auf dieser Extraseite zu finden ****

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